Von Tucheln und Wölfen

Was haben der Mainzer Trainer Thomas Tuchel und unser Erfolgscoach Wochen Wolf gemeinsam? Wenig, wenn man mal von der Alliteration der Anfangsbuchstaben absieht, werden die meisten sagen – doch schauen wir mal genauer hin:

Beide Coachs haben am gestrigen Samstag ihr jeweiliges Team, dass zuletzt nicht mehr so überzeugte, nämlich zu einem Sieg geführt. Wobei Tuchel über den 3:0 Erfolg (man beachte das Volleyball typische Ergebnis) seiner 05er zwar Zufrieden war, den Erfolg aber laut einer großen deutsche Tageszeitung mit circa vier Buchstaben „zu hoch“ fand.

Dahingegen hätte unser W(J)ochen, der rein statistisch gesehen den sensationellen Mainzer Saisonstart noch überflügelt hat, indem er sich beharrlich weigert als Coach überhaupt mal ein Spiel zu verlieren, sicher nichts dagegen einzuwenden gehabt, wenn unsere Partie klarer ausgegangen und nicht erst im Tie-Break entschieden worden wäre. Sei es wie es ist, nach circa zwei gespielten Stunden und einer guten spielerischen und kämpferischen Leistung standen wir als Sieger des zweiten Wiesbadener/Mainzer Derbys mit 3:2 (25:23; 24:26; 20:25; 25:22; 15:12) fest.

Auch ansonsten ähneln sich die Biographien der beiden Anpeitscher auf der Auswechselbank, sind doch beide kürzlich Vater einer Tochter geworden und einfach riesige Symphatieträger. Bei der Getränkeauswahl jedoch scheiden sich dann die Geister – Tuchel mag „thailändische Küche und bittere Schokolade, trinkt am liebsten Orangensaft und fast nie Alkohol“ ist über den 38-jährigen zu erfahren. Okay, das mit der thailändischen Küche mag ja auch auf Wochi zutreffen – aber wer ihn je nach Genuss von ca. 17 Weizenbier auf der Zuschauertribüne gesehen und vor allem auch gehört hat, der weiß: In diesem Punkt ist sich Wochi mit uns allen einig: So ein Sieg gehört mit Bier gefeiert, und nicht mit Orangensaft. Das wollten wir auch tun, doch zu diesem Thema später mehr.

Wir kamen recht gut in die Partie, blockten in den ersten drei Ballwechseln direkt zweimal den stärksten Mainzer Angreifer und konnten Selbstvertrauen tanken. Der erste Durchgang ging mit 25:23 an uns. In den folgenden Sätzen entwickelte sich ein offener Schlagabtausch, in dem wir immer mal wieder Probleme mit den sehr dynamischen Aussenangreifern der Gonsenheimern hatten, unsererseits aber gegenüber den letzten Partien deutlich stärkeres Annahme-/Angriffverhalten zeigen konnten. Die grösste Sorge war meist unser Aufschlag; da war die Unsicherheit der schwachen sportliche Phase der letzten Wochen ein ums andere mal greifbar; Zu viele Aufschläge landeten im Netz oder Aus oder waren schlicht zu harmlos, um die alles andere als bombensichere Mainzer Annahme zu gefährden. Unter anderem deshalb gingen auch die Durchgänge zwei und drei an die andere Rheinseite.

Im Satz vier war es dann an Jochen, uns nochmal Wachzurütteln und die Agressivität im Auftreten entscheidend zu erhöhen. Überdies verboten wir uns selbst bei Androhung von schärfsten Strafen (Das Zwanghafte Auflaufen im nächsten Spiel mit Nickels glitzerstein besetzten Haarschmuck war zwischenzeitlich als Höchststrafe im Gespräch), den Kopf einzuschalten und nachzudenken. Stattdessen sollten wir sinngemäß einfach aufs Feld gehen, „richtig draufhauen und fighten und die Mainzer in den Ars*** *****!!!!!!!!“ Schon seltsam, mit was für Methoden man im modernen Sport Erfolg haben kann, aber egal: Wir legten nochmal einen Zahn zu, drehten den vierten Satz und gewannen auch den Tie-Break. Hierbei verloren wir erfreulicherweise auch nicht die Nerven, als unser 12:8 Vorsprung nochmals auf 13:12 zusammengeschmolzen war, und waren hinterher überglücklich über den dritten Heimsieg der Vorrunde. Selbst der leider nicht zum Einsatz gekommene Nickel stellte fest: „Selbst wenn man nicht spielt, ist gewinnen geiler als verlieren“.

Der oben angesprochene kulinarische Feingeschmack des Wochen Wolf führte dann natürlich zu dem Wunsch, den Abend beim Lieblings-Italiener mit Pizza und der ein oder anderen Hopfenkaltschorle ausklingen zu lassen, doch dann der Schock: Dort bekamen wir wegen Überfüllung eine Absage, und zogen weiter zum Alternativlokal – doch auch dort standen wir vor verschlossenen Türen. Nach kurzer Beratung rangen wir uns tatsächlich durch, die seit gefühlten fünf Jahren nicht mehr angesteuerte ehemalige Stammkneipe zu besuchen. Doch Potzblitz, auch der hatte schon zu. Als letztes blieb uns dann nur noch Gang zu einem Amerikanischen Fast-Food Laden.

Und da wird dann doch noch ein Unterschied zwischen Tuchel und Wolf deutlich: Denn ob die Mainzer gestern Abend auch Im Burger King speisten ist dem Autor dieses Artikels zwar nicht bekannt, es darf aber doch als äusserst unwahrscheinlich angesehen werden…